Die Welt der Tiere in der Kunst

Die Welt der Tiere in der Kunst

19.10.23
ars mundi

Seit vielen tausend Jahren leben Tiere mit den Menschen zusammen - ob als Nutz- oder Haustiere. Daraus entwickelte sich auch ein wichtiges Bildthema der bildenden Kunst. Tiere in der Kunst gehören somit seit vielen Jahrhunderten zu den beliebten Motiven und haben in fast jeder Epoche ihren festen Platz. Jede Künstlergeneration fand dabei ihre eigenen Interpretationen dieses Sujets. So reicht die Bandbreite der Varianten von der Höhlenmalerei über den sprichwörtlichen "Röhrenden Hirsch" bis zu stilisierten Zeichnungen aus der klassischen Moderne. Doch nicht nur stilistisch, sondern auch in Bezug auf mögliche Verwendungsweisen erwiesen sich Tiere in der Kunstgeschichte als ein höchst variantenreiches Motiv.

Das Tier in der Kunst: vom Motiv zum Performance-Partner

Tiere in der bildenden Kunst gehören seit vielen Jahrhunderten zu den beliebten Motiven. Dabei interpretieren die Künstlerinnen und Künstler die Bedeutung und die Funktion der Tiere in ihren Werken zum Teil sehr unterschiedlich. In erster Linie sehen viele Kunstschaffende - und auch das Publikum - in den Tieren sehr ästhetische und faszinierende Motive. Porträts von Tieren aus der Heimat, aber auch aus fernen Ländern waren in nahezu allen großen Epochen sehr populär. Dabei reicht die Palette der Darstellungsweisen von fotorealistisch bis zu minimalistisch-abstrahiert.

Mehr als ein Bildgegenstand: Tiersymbolik in der Kunst

Mehr als ein Bildgegenstand: Tiersymbolik in der Kunst

Doch viele Künstlerinnen und Künstler sehen in den Tieren weit mehr als Bildgegenstände. Sie stellen die Tiere in der Kunst nicht nur um ihrer selbst willen dar, sondern laden sie symbolisch auf. So werden Tiere in Kunstwerken platziert, um ganz allgemein als Sinnbild für die Natur zu stehen und damit einen Gegenpol zur menschlichen Zivilisation zu bilden. In vielen weiteren Kontexten verfügen Tiere aber auch über sehr konkrete Symbolgehalte. Meist handelt es sich dabei um bestimmte Werte oder Eigenschaften, es können aber auch positive oder negative menschliche Charakterzüge sein. So steht zum Beispiel der Stier als Symbol für Kraft und Mut, der Fuchs für die Klugheit oder die Schlange für die Verschlagenheit.

Zur Popularität von Tierkunstwerken trugen nicht zuletzt die Religionen bei, in denen vielen Tieren eine Symbolkraft übertragen wurde. So betrachteten zum Beispiel die alten Ägypter viele Tiere als Inkarnation ihrer Götter. Die Tierskulpturen dienten ihnen dazu, ihren Gottheiten zu huldigen. So repräsentierte zum Beispiel der Falke den Gott Horus, die Katze die Göttin Bastet und der Schakal den Gott Anubis. Sie wurden unter anderem als große Skulpturen aufgestellt oder in Form von Statuetten den Gräbern beigelegt.

Auch in der Bilderwelt der christlichen Religionen verfügen zahlreiche Tiere über großen Symbolgehalt. In vielen sehr bekannten Bibeltexten tauchen Tiere wie die Taube, die Schlange oder Fische auf. Diese Tiere hielten auch Einzug in christliche Kunstwerke, wobei der biblische Kontext und ihre Symbolik immer präsent sind.

Tiere in Performances und Happenings

Tiere in der Kunst dienten aber nicht nur als Motive. In der zeitgenössischen Aktions-Kunst ab den 1960er-Jahren begannen Kunstschaffende, lebende Tiere in Performances und Happenings zu integrieren. Heute legendär ist die Aktion "I like America and America likes me" des deutschen Künstlers Joseph Beuys. 1974 verbrachte er in einer New Yorker Galerie drei Tage mit einem lebendigen Kojoten. Doch auch leblose Tierkörper wurden schon Teil von künstlerischen Inszenierungen. So war es ebenfalls Joseph Beuys, der in einer Performance einem toten Hasen die Bilder in seiner Ausstellung erklärte. Auch der britische Künstler Damien Hirst arbeitete mit Tierkadavern und stellte zum Beispiel einen, in eine Vitrine voller Formaldehyd eingelegten Hai aus.

Tiermalerei und Tierskulpturen in der Kunstgeschichte - vom Höhlenschmuck zum eigenständigen Genre

Seit dem die Menschen die Kunsttechniken Malerei und Bildhauerei beherrschten, bildeten sie auch Tiere ab. Als die ältesten bekannten Darstellungen von Tieren in der Kunst gelten derzeit Abbildungen von Pustelschweinen in den Höhlen auf der indonesischen Insel Sulawesi. Diese sollen über 45.000 Jahre alt sein. Aber auch in Europa finden sich sehr alte Höhlenbilder von Tieren, etwa aus der Steinzeit. Hierzu gehören unter anderem die berühmten Malereien in den Höhlen von Lascaux in Frankreich, die über 35.000 Jahre alt sein sollen. Vornehmlich malten die frühen Menschen Nutz- und Jagdtiere wie Mammuts, Bisons, Hirsche, Pferde oder Kühe. Welchen Zweck die Malereien auf den Wänden aber tatsächlich erfüllten, konnte bis heute nicht endgültig geklärt werden. Die Theorien reichen von rituellen und kultischen Darstellungen bis zu Geschichten, die mit den Abbildungen erzählt werden sollten.

Ab der Antike entwickelte sich eine vielfältigere Kultur von Tierdarstellungen in der Kunst, besonders in der Bildhauerei. Dies lässt sich damit erklären, dass die Tiere im Alltag der Menschen sowohl als Nutz- und Haustiere als auch im religiösen Kontext an Bedeutung gewannen. Zahlreiche Darstellungen in teils monumentalen Skulpturen, Reliefs, auf Papyrus, Amuletten oder Münzen spiegeln dies wider. In der Malerei auf Leinwand, wie wir sie heute kennen, hatten die Tiere hingegen zunächst keinen besonders prominenten Status. In der Landschaftsmalerei, in Genrebildern oder bei Porträts dienten Tiere in der Kunst lange Zeit nur als Staffage oder schmückendes Beiwerk.

Tiere in der Malerei standen meist im Hintergrund und vervollständigten lediglich Naturszenen oder auch Motive mit handelnden Personen wie Schlachten oder die Jagd. Erst ab etwa dem 16. Jahrhundert begannen Kunstschaffende, die Tiere als zentrale Bildgegenstände in den Mittelpunkt ihrer Werke zu stellen. Die Tiere in der bildenden Kunst wurden immer detaillierter, bildeten verschiedene Bewegungsabläufe ab und widmeten sich auch dem Charakter der Tiere.

Vor Erfindung der Fotografie im 19. Jahrhundert übernahm die Tiermalerei zudem noch eine ganz praktische Funktion. Malereien und Zeichnungen waren lange Zeit die einzige Möglichkeit, Tiere abzubilden, zum Beispiel in zoologischen Lexika und Literatur zur Biologie, aber auch in Zeitungen und Illustrierten. Oftmals übernahmen Künstlerinnen und Künstler diese Aufgabe, die zum Teil in weit entfernte Länder reisten und Bilder und Zeichnungen anfertigten. Spätestens mit dem Expressionismus und der Tiermalerei Anfang des 20. Jahrhunderts hatten sich die Tiere als Motiv durchgesetzt. Vor allem die deutschen Malerinnen und Maler des "Blauen Reiter" und der "Brücke" widmeten sich sowohl der einheimischen als auch der exotischen Tierwelt und malten unter anderem Rehe, Tiger und Kühe. Bis heute haben sich Tiere in der Kunst als sehr beliebtes Sujet gehalten und gehören zum Repertoire vieler Künstlerinnen und Künstler.

Berühmte Künstlerinnen und Künstler und ihre Tiere in der Kunst

Berühmte Künstlerinnen und Künstler und ihre Tiere in der Kunst

Viele berühmte Kunstschaffende aus nahezu allen Epochen haben auch Darstellungen von Tieren in ihrem Portfolio. So schuf der deutsche Renaissance-Maler Albrecht Dürer einige beinahe fotorealistische Tierporträts - darunter sein berühmter "Feldhase". Der deutsche Expressionist Franz Marc war ebenfalls von den Tieren fasziniert. Er hielt sich oft tagelang im Zoo auf und malte Tierstudien. Seine Tiergemälde, unter anderem von gelben Tigern, bunten Kühen und blauen Pferden, gelten heute als Meilensteine der Malerei des 20. Jahrhunderts.

Auch der Erfinder des Kubismus, Pablo Picasso, war ein großer Tierfreund. "Picasso liebt oder hasst Menschen, aber er hängt an allen Tieren", soll ein enger Freund einmal über ihn gesagt haben. Auch Picasso malte viele Tierbilder, darunter mit der Friedenstaube eine seiner wichtigsten Arbeiten. Auch sein Zeitgenosse Marc Chagall baute in seine bunten Fabelwelten immer wieder Tiere ein, zum Beispiel Kühe, Schafe und Hühner.

Katzen in der Kunst sind ebenfalls sehr häufig zu finden. Die Pop-Art-Ikone Andy Warhol zum Beispiel war von Katzen sehr fasziniert. Zeitweise lebte er mit über 20 Stubentigern in seiner kleinen Wohnung in New York. In einem Bildband mit dem Titel "25 Cats Name Sam and One Blue Pussy" hatte er sie liebevoll porträtiert. David Hockney war ebenfalls sehr vernarrt in seine beiden Hunde Stanley und Boodgie und porträtierte sie in zahlreichen Werken. Über 40 Gemälde und Zeichnungen fertigte er von seinen "besten Freunden" an.

Auch Deutschlands wichtigster Vertreter der Gegenwartskunst, Gerhard Richter, verwendet regelmäßig Motive aus der Tierwelt und malt in seiner typischen verschleierten Optik u.a. Tiger, Kühe und Hunde. Auch unter den berühmten Bildhauern der Kunstgeschichte finden sich viele Tierliebhaberinnen und Tierliebhaber. So schuf Alberto Giacometti auch Hunde und Katzen mit den charakteristischen überlangen Extremitäten. Jetzt schon zu den Klassikern der Gegenwartskunst zählen auch die Hunde-Skulpturen von Jeff Koons, die wirken, als seien sie aus Luftballons geknotet. In deutlich größeren Dimensionen arbeitete die französische Künstlerin Louise Bourgeois. Sie entwarf monumentale Spinnenskulpturen, die sie in verschiedenen Metropolen der Welt wie Hong Kong, Zürich oder Amsterdam präsentierte.

Die größte Anzahl an Tierskulpturen stellte aber vermutlich Ottmar Hörl bei seinen Installationen auf, zum Beispiel im Jahr 2015 in München 2.000 serielle Löwen-Skulpturen oder 2009 auf dem Hofgut Hohenkarpfen 1.000 Erdmännchen-Figuren.

Tiere in Performances und Happenings