Van Goghs Ohr: Eine etwas andere Weihnachtsgeschichte

Van Goghs Ohr: Eine etwas andere Weihnachtsgeschichte

23.12.21
ars mundi

Michelangelo, Hieronymus Bosch, Peter Paul Rubens, Leonardo da Vinci - viele große Maler haben die Weihnachtsgeschichte ins Bild gesetzt. Und so findet man in den Museen der Welt zahlreiche Variationen. Das Motiv ist in der Kunstgeschichte derart etabliert, dass es sogar ohne unmittelbar christlichen Bezug aufgenommenwurde. So etwa bei Paul Gauguin, der mit seinem Gemälde "Die Geburt. Te tamari no atua" eine Niederkunft darstellt und sie zugleich mit dem aufgebrachten Titel ("Kind Gottes") und mit Bildelementen wie im Hintergrund kauernden Rindern zur Krippenszene überhöht. Das Bild entstand im Jahre 1896 in Tahiti. Da lag das vielleicht denkwürdigste Weihnachtsfest Gauguins allerdings schon acht Jahre zurück.

Den Heiligabend des Jahres 1888 nämlich verbrachte Gauguin in Arles, wo er gemeinsam mit Vincent van Gogh lebte und arbeitete. Was an diesem Abend passierte, gehört zu den meisterzählten Anekdoten der Kunstgeschichte. In der Standardfassung lautet sie so: Ein blutender van Gogh wird aufgefunden. Er hat sich im Wahn ein Ohr abgeschnitten und es einer Prostituierten als Weihnachtsgeschenk überbracht; so jedenfalls wollen es die Polizeiprotokolle und der in dieser Sache befragte Gauguin. Vielleicht war aber auch alles ganz anders. In ihrem Buch "Van Goghs Ohr: Paul Gauguin und der Pakt des Schweigens" glauben Hans Kaufmann und Rita Wildgans nachweisen zu können, dass van Goghs Verletzung auf einen Säbelhieb Gauguins zurückzuführen war - mit durchaus nachvollziehbaren Indizien.

Was immer wirklich passiert ist, das Weihnachtsfest war damit für beide beendet: van Gogh fand sich im Krankenhaus wieder, Gauguin machte sich schnurstracks auf den Weg nach Paris. Was blieb ist der Mythos um van Goghs Ohr…