Königinnen und Gottgleiche in der Kunst

Königinnen und Gottgleiche in der Kunst

26.05.22
ars mundi

Während der Renaissance erreichte in Italien ein Disput seinen Höhepunkt, der uns heute skurril erscheint, von den Beteiligten jedoch mit großem Ernst ausgefochten wurde. Der Paragone, der "Wettstreit der Künste" entzündete sich an der Frage nach der Rangfolge von Malerei und Bildhauerkunst innerhalb der Hierarchie der freien Künste.

Leonardo da Vinci - der ja keinem intellektuellen Streit aus dem Weg ging - bescheinigte der Malerei, dass nur diese bestimmte Dinge zeigen könne, deren Widergabe der Skulptur versagt bleibt. Die Bildhauerei sei ein staubiges handwerkliches Metier, das nicht an die intellektuelle Leistung der Maler herankomme. Er erklärte die Malerei zur Königin aller Künste und provozierte so die Debatte, die bis ins 19. Jahrhundert Künstler und Wissenschaftler beschäftigte. Die Verteidiger der Bildhauerkunst entgegneten, dass die Malerei nur vortäusche und reiner Augenschein sei. Sie beriefen sich auf keinen geringeren als Gott, der den Menschen aus einem Klumpen Erde formte und somit den Ahnherr der Bildhauer stelle. Wie viele solche Dispute lief der Paragone letztendlich auf einen Kompromiss aus. Malerei und Bildhauerkunst zählten nunmehr gleichwertig zu den "freien und noblen Künsten".

Für die Künstler der Moderne spielen solche Abgrenzungen keine Rolle mehr. Picasso z.B. ist nicht nur als Malerkönig berühmt, sondern auch als Bildhauer äußerst bewandert. Und ein Künstler wie Christo macht mit seinen überdimensionalen Installationen die Welt zur Skulptur. Auch der "Malerfürst" Markus Lüpertz bewegt sich in beiden Welten souverän.