Bauhaus Kunst: Die wegweisende Kunstschule der Moderne

Bauhaus Kunst: Die wegweisende Kunstschule der Moderne

09.02.23
ars mundi

Bauhaus – dieser Name steht heute sinnbildlich für ein funktionales und zugleich ästhetisches Design. Die in Weimar gegründete Kunstschule existierte nur 14 Jahre lang, doch sie brachte einige der bedeutendsten Ideen für die Architektur, das Design und die Kunst des 20. Jahrhunderts hervor. Das innovative Konzept der Bauhaus Kunst lockte Studierende und Künstlerinnen und Künstler aus der ganzen Welt an und machte Weimar bzw. später Dessau zu Zentren der Avantgarde. Bis heute hat die Bauhaus-Philosophie nichts an ihrer Aktualität verloren.

Die Bauhaus-Geschichte: Drei Direktoren und drei Standorte

Den Grundstein für die legendäre Kunstschule hatte der Architekt und Industriedesigner Walter Gropius (1883-1969) im Jahr 1919 gelegt. Noch vor dem Ersten Weltkrieg konnte er sich einen Namen als progressiver Vordenker einer modernen Architektur machen. 1919 trat er die Nachfolge von Henry van de Velde als Direktor der "Großherzoglich-Sächsischen Hochschule für Bildende Künste" in Weimar an. Hier setzte er umgehend seine Vorstellung von einer fortschrittlichen Architektur-, Design- und Kunstschule um. Er fusionierte die Hochschule mit der "Großherzoglichen Kunstgewerbeschule" und ließ daraus das "Staatliche Bauhaus in Weimar" entstehen.

1925 dann der erste Einschnitt: Die Landesregierung Thüringens hatte ein Jahr zuvor sämtliche Verträge mit dem Bauhaus gekündigt und damit auch die finanzielle Unterstützung gestrichen. So sah sich das Bauhaus gezwungen, sich zunächst zum 1. April 1925 aufzulösen. Doch dazu musste es zum Glück nicht kommen: Im März 1925 beschloss der Gemeinderat von Dessau die Übernahme des Bauhauses als städtische Schule und sicherte damit sein Fortbestehen.

Drei Jahre später die nächste Zäsur: Neun Jahre lang hatte Walter Gropius die Arbeit am Bauhaus geprägt. 1928 verließ er das Bauhaus und gab sein Amt an Hannes Meyer (1889-1954) ab. Dessen Amtszeit sollte allerdings nur knapp zwei Jahre dauern. Ihm folgte 1930 Ludwig Mies van der Rohe (1886-1969), dem allerdings unter dem Druck der Nationalsozialisten nichts anderes übrig blieb, als 1932 mit dem Bauhaus zunächst für wenige Monate nach Berlin zu ziehen und es schließlich 1933 aufzulösen. Viele Meister und Bauhaus Künstler und Künstlerinnen verließen daraufhin Deutschland und setzten ihre Arbeit im Ausland fort.

Bauhaus - Walter Gropius

Das Bauhaus reagierte in seinem Konzept auf die Herausforderungen seiner Zeit

Die Programmatik des Bauhauses beruhte zu seiner Gründung im Wesentlichen auf den Ideen von Walter Gropius, der einen grundlegenden Wandel in Architektur, Kunst und Handwerk für unerlässlich hielt. In seinem Manifest "Was ist Baukunst?" attestierte er der zeitgenössischen Architektur einen jämmerlichen Zustand. Er sah in den Städten nur noch "Wüsten der Hässlichkeit", mit Gebäuden, die als "geistlose Attrappen" ein "beschämendes Zeugnis für den geistigen Höllensturz unseres Geschlechtes" ablegten. Eine Verbesserung sei nur durch eine gemeinsame Kraftanstrengung von Architekten, Malern, Bildhauern und Handwerkern zu erreichen.

Die traditionelle Trennung von Kunst und Handwerk müsse dafür aufgehoben werden. Gropius schrieb: "Künstler, stürzen wir endlich die Mauern um, die unsere verbildende Schulweisheit zwischen den 'Künsten' errichtete, um alle wieder Bauende zu werden! (...) Maler und Bildhauer, durchbrecht also die Schranken zur Architektur und werdet Mitbauende, Mitringende um das letzte Ziel der Kunst: die schöpferische Konzeption der Zukunftskathedrale." Die inhaltliche Arbeit am Bauhaus ging aber noch darüber hinaus. Eng verbunden mit der architektonischen Modernisierung war der Gedanke des sozialen Wohnungsbaus. Anders gesagt: Das Bauhaus machte Wohnungspolitik.

Gropius selbst entwarf Arbeitersiedlungen und forderte auch seine Architektenkollegen dazu auf, bezahlbaren und zugleich lebenswerten Wohnraum zu schaffen. Auch hochwertige Gebrauchsgegenstände des täglichen Bedarfs sollten für breite Bevölkerungsschichten erschwinglich werden. Parallel machte das Bauhaus gegen Wohnungsnot und Mietwucher mobil.

Die Konzepte und inhaltlichen Schwerpunkte des Bauhauses blieben allerdings nicht statisch, sondern veränderten sich fortwährend. Walter Gropius selbst hatte noch eine bedeutende Kursänderung in Gang gebracht. Ab 1922 rückte für ihn die Auseinandersetzung mit den Anforderungen der Industrie und der daraus resultierenden Konsequenzen für das Design in den Mittelpunkt. Die neue Devise hieß "Kunst und Technik – eine neue Einheit", wobei insbesondere der Aspekt der maschinellen Produktion die Arbeit im Bauhaus beeinflusste. Die sozialen Gesichtspunkte erhielten insbesondere mit Amtsantritt des zweiten Direktors Hannes Meyer unter dem Motto "Volksbedarf statt Luxusbedarf" mehr Gewicht. Der dritte Direktor Mies van der Rohe hingegen legte den Fokus wieder verstärkt auf eine Architektur, die höchsten ästhetischen Ansprüchen gerecht werden sollte.

Bauhaus Dessau - Treppe

Was ist typisch für die Bauhaus Kunst?

Die Philosophie und die Ziele des Bauhauses hatten unmittelbaren Einfluss auf das Design, das in der Kunstschule gelehrt wurde. Im Mittelpunkt stand immer die Funktionalität von Gebäuden und Gebrauchsgegenständen, später auch die Möglichkeit einer industriellen Herstellung. Die Formgebung hingegen war nur selten Selbstzweck und wurde weitestgehend der Funktionalität untergeordnet. Große Teile der Bauhaus-Produkte wurden daher sehr sachlich und mit klaren Linien, ohne viele Verzierungen sowie in Form und Farbe extrem reduziert entworfen.

Diese schlichte und zugleich elegante Formensprache galt sowohl für die Bauhaus Kunst als auch die Architektur und wird heute üblicherweise als der charakteristische Bauhaus-Stil betrachtet. Doch die Gestaltungsprinzipien, die am Bauhaus gelehrt wurden, waren weitaus vielfältiger. Jeder der "Meister" an der Kunstschule brachte seine eigenen Impulse und Ideen ein, wodurch sich die Maßgaben für die Formgebung häufig änderten. So flossen neben dem strengen Funktionalismus noch andere Stile wie die Figuration, die Abstraktion, der Expressionismus oder der Surrealismus in die gestalterischen Konzepte des Bauhauses ein.

Werke von Oskar Schlemmer

Lehre und Lehrmeister am Bauhaus

Das Bauhaus stellte nicht nur einen Neubeginn in Theorie und Praxis dar, sondern auch hinsichtlich der Lehre. Sowohl in der Methodik, in den Fächern als auch in den Lehrplänen und der gesamten Organisation unterschied sich das Bauhaus grundlegend von allen bekannten Kunstschulen. Vielfach wurden tradierte Lehrinhalte über Bord geworfen und der individuellen Kreativität viel mehr Raum gelassen. Das Lehrangebot selbst war deutlich von der im Programm von Walter Gropius postulierten Zusammenführung von Kunst und Handwerk geprägt.

Bereits auf der Ebene des theoretischen Unterrichts für Malerei und Bildhauerei verfolgte man am Bauhaus einen sehr universellen Ansatz. So standen am Anfang der Ausbildung die Grundlagen der Materialeigenschaften, der Komposition sowie der Formen- und Farbenlehre. Später kamen unter anderem der Architekturunterricht, die Proportionslehre und die Planung von Stadtteilen, aber auch Ingenieurswissenschaften, Psychologie oder Betriebswirtschaftslehre hinzu. Für die praktische bzw. handwerkliche Seite standen eine Möbelwerkstatt, eine Metallwerkstatt, eine Werkstatt für Weberei, eine Druckerei, eine Buchbinderei, eine Töpferei, eine Glaserei, eine Werkstatt für Holz- und Steinbildhauerei sowie Bühnenbau bereit. Außerdem gab es Unterricht in Fotografie, Typografie, Werbung und Lichtkunst.

Die Bauhaus Kunst fand aber nicht nur innerhalb der Mauern der Schule statt, sondern die Studierenden konnten selbst an konkreten Bauprojekten aktiv mitwirken. Auch der Lehrkörper wurde anders als bei traditionellen Kunstakademien organisiert. Die Ausbildung übernahmen nicht Professoren, sondern sogenannte "Meister des Handwerks" und "Meister der Form". Letztere waren vielfach Maler und Bildhauer, darunter zahlreiche bekannte Namen der Klassischen Moderne. So arbeiteten unter anderem Oskar Schlemmer, Lyonel Feininger, Wassily Kandinsky, László Moholy-Nagy, Paul Klee und Marianne Brandt als Bauhaus Künstler und Künstlerinnen. Bei den Studierenden traf die progressive Herangehensweise an die Lehre auf großes Interesse. Schülerinnen und Schüler aus rund 30 Nationen sollten in 14 Jahren das Bauhaus durchlaufen.

Der Stil und das Konzept des Bauhauses sind immer noch aktuell

Auch wenn das Bauhaus 1933 schließen musste, sind sowohl sein Geist als auch sein Design heute noch vielerorts spür- und sichtbar. In regelmäßigen Abständen erlebt schlichtes Design ganz nach den Gestaltungsprinzipien der Bauhaus-Philosophie eine Renaissance. Vor allem im Sinne einer energie- und ressourcenschonenden Bauweise scheint der Leitsatz "Form follows Function" auch in der aktuellen Architektur wieder an Bedeutung zu gewinnen. Auch die Fragestellungen und Forderungen des Bauhauses im Bezug auf die Wohnungspolitik sind heute aktueller denn je.

Anhaltend präsent im kollektiven Bewusstsein ist die Kunstschule aber nicht zuletzt wegen der zahlreichen Gebäude im Bauhaus-Stil, die in ganz Deutschland zu finden sind, zum Beispiel in Stuttgart oder Karlsruhe. Außerdem halten verschiedene Institutionen und wissenschaftliche Einrichtungen das Erbe der Bauhaus Kunst lebendig, zum Beispiel die "Stiftung Bauhaus Dessau" oder das Bauhaus-Archiv in Berlin.

Im Jahr 1996 würdigte die UNESCO die Rolle des Bauhauses in der Architekturgeschichte und erklärte die Bauhaus-Stätten in Weimar und Dessau zum Weltkulturerbe. Verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit rückte das Bauhaus noch einmal im Jahr 2019, als sich seine Gründung zum 100. Mal jährte. Aus diesem Anlass wurden weltweit Ausstellungen und Werkschauen zum Thema präsentiert. So untersuchte das internationale und interdisziplinäre Forschungs- und Ausstellungsprojekt "bauhaus imaginista", wie die Pädagogik und die Gestaltungsideen des Bauhauses auf der ganzen Welt aufgegriffen und weiterentwickelt wurden.