Hellenismus – Blütezeit der griechischen Kultur
Die Epoche des Hellenismus war eine der bedeutendsten Phasen in der griechischen Geschichte. Sie begann mit den Eroberungszügen Alexanders des Großen im Jahr 336 v. Chr. und endete im Jahr 30 v. Chr. Im Hellenismus erlebte Griechenland eine Blütezeit mit bedeutenden Fortschritten und Errungenschaften in Politik, Wissenschaft und Kultur. In dieser Zeit konnten die Griechen ihr Einflussgebiet bedeutend ausbauen. Sie betrieben Handel vom östlichen Mittelmeerraum über den Vorderen Orient bis nach Indien und China, tauschten sich aber auch in Wissenschaft und Kultur mit anderen Völkern und Nationen aus.
Auch die hellenistische Kunst erlebte in dieser Zeit einen Aufschwung und konnte sich bedeutend weiterentwickeln. Viele griechische Skulpturen aus der Zeit des Hellenismus sind auch heute noch große Attraktionen in Museen und an Bauwerken.
Im Hellenismus blühten Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur auf
Heute wird der Hellenismus vor allem mit bahnbrechenden Erkenntnissen in der Wissenschaft in Verbindung gebracht. In diese Epoche fallen zum Beispiel die Erkenntnisse von Aristoteles, Euklid und Archimedes. Mathematik, Geometrie und Physik entwickelten sich zu hoch angesehenen Wissenschaften. Auch die Astronomie sorgte für neues Wissen etwa über das Sonnensystem, ebenso die Medizin, die unter anderem das menschliche Gehirn, die Organe und das Nervensystem erforschte. Einen ebenso wichtigen Status wie die Naturwissenschaften erlangten Philosophie und Religion, die sich unter dem Einfluss anderer Kulturen und Völker weiterentwickelten.
Der kosmopolitische Grundgedanke des Hellenismus ließ zudem den Handel erblühen. Neu geknüpfte Geschäftsbeziehungen zu zahlreichen Ländern sorgten für eine Steigerung der Produktion und einen wirtschaftlichen Aufschwung. Auch das Transportwesen profitierte von der florierenden Wirtschaft und die Infrastruktur von Häfen und Straßen wurde ausgebaut und modernisiert. Schließlich hatte die territoriale Expansion auch positive Auswirkungen auf Kunst und Kultur. In den stetig wachsenden Städten wurden zahlreiche neue Bildungsstätten und Theater errichtet. Auch die hellenistische Kunst – und hier vor allem die Bildhauerei - entwickelte in dieser Phase einige stilprägende Merkmale.
Die hellenistische Kunst konzentrierte sich auf die menschliche Figur
Die Bildhauerei hatte im Hellenismus einen besonders hohen Stellenwert. Sowohl in privaten und repräsentativen Gebäuden als auch an öffentlichen Plätzen waren Skulpturen weit verbreitet. Häufig schufen die Bildhauer raumgreifende Großplastiken - entweder als freistehende Objekte oder auch als Reliefs oder Friese an Gebäuden.
Eine Hellenismus Plastik konnte dabei sehr unterschiedliche Motive zeigen und verschiedene Funktionen erfüllen. In dieser Epoche konzentrierte sich die Bildhauerei vornehmlich auf die Darstellungen von Menschen bzw. menschenähnlichen Figuren. Zu den besonders weit verbreiteten Motiven gehörten - wie auch in den Jahrhunderten zuvor - die Herrscher jener Zeit und die großen Taten, die sie vollbracht hatten. In monumentalen und idealisierenden Porträts ehrte man die Könige und verherrlichte ihr Leben. Neben den irdischen Führern zählten auch Götterbildnisse sowie Szenen aus der Mythologie zu den zentralen Motiven, zum Beispiel die berühmte "Laokoon-Gruppe"mit dem Todeskampf eines trojanischen Priesters.
Neben den Charakteren aus Adel und Religion rückte aber auch das Leben der einfachen Menschen in den Fokus. Ähnlich wie in der Genremalerei zeigten die Bildhauer vielfach Szenen aus dem Alltag der Menschen aus den unteren Schichten, zum Beispiel von Bauern, Fischern oder Hirten.
Auch wenn sich die Themen der Kunstwerke zum Teil deutlich unterschieden, wiesen sie in der Darstellungsweise einige Gemeinsamkeiten auf. So waren typische Hellenismus Merkmale in der Bildhauerei eine große Emotionalität und ein gewisser Hang zum Pathos. Die Skulpturen - häufig auch mit mehreren beteiligten Figuren - zeigten oft Szenen großer Leidenschaft, Situationen voller Dramatik und Spannung und Momente mit tiefen Emotionen. Sorge, Trauer und Schmerz wurden geradezu zelebriert, ebenso Augenblicke des Triumphs oder der Wut.
Techniken und Stilmerkmale der Hellenismus Skulptur
Die hellenistische Bildhauerei kannte bereits verschiedene Techniken und Fertigungsverfahren. Als Materialien für die Plastiken dienten verschiedene Steinsorten, vor allem Marmor, sowie Bronze, Holz, Elfenbein und Ton. Das vorherrschende Motiv für die Skulpturen blieb das Menschenbild. Dabei bemühten sich die Bildhauer um eine Formgebung, die dem natürlichen Vorbild bestmöglich entsprach. Sie arbeiteten ihre Werke immer detailreicher aus, um einen besonders realistischen Eindruck von Gestik und Mimik zu erzeugen.
Neu gegenüber den vorangegangenen Epochen war, dass bei den Porträts die Gesichtszüge sehr viel individueller und filigraner ausgearbeitet wurden. So konnten die Skulpturen noch eindrucksvoller die Emotionen und die Seelenzustände darstellen. Allerdings muss davon ausgegangen werden, dass viele Porträts nicht als Abbild zu verstehen sind, da die Körperformen oftmals beschönigend und idealisierend modelliert wurden.
Bei der Anatomie und Körperhaltung legten die Bildhauer verstärkt Wert auf eine dynamische und lebendige Darstellungsweise. Besonders heroische Posen sowie Szenen aus Sport und Athletik, in denen die Bewegungen der Protagonisten festgehalten wurden, waren sehr beliebt. Außerdem feierten viele Bildhauer die Schönheit der Frau mit überlebensgroßen weiblichen Skulpturen. In diesem Zuge begannen einige von ihnen, erste Aktdarstellungen von Frauen anzufertigen, was zu dieser Zeit vielfach noch als Tabubruch galt.
Die Bedeutung des Hellenismus in der Kunstgeschichte
Auch für die Kunstgeschichte stellt der Hellenismus eine bedeutende Epoche dar. Viele berühmte und heute noch sehr beliebte Motive stammen aus dieser Zeit, zum Beispiel die "Nike von Samothrake" und die "Venus von Milo", die im Pariser Louvre jährlich Millionen von Besucherinnen und Besuchern faszinieren.
Für die Kunstgeschichte ist die hellenistische Kunst aber vor allem deshalb so interessant, weil ihre Ästhetik und Darstellungsweisen im Europa des 15. und 16. Jahrhunderts zum Teil wieder aufgegriffen wurden. In der Renaissance besannen sich Künstler wie Raffael, Leonardo da Vinci, Michelangelo Buonarroti oder Sandro Botticelli der antiken Vorbilder und verwendeten eine sehr naturalistische Bild- und Formensprache. In dieser Zeit erlebte die hellenistische Skulptur förmlich eine Wiedergeburt.
Doch auch in den folgenden Jahrhunderten tauchten die Hellenismus Merkmale immer wieder in der bildenden Kunst auf. So zitieren selbst Künstlerinnen und Künstler der Gegenwartskunst immer wieder die antike Formgebung und auch im Kunsthandwerk spielt die Kunst des Hellenismus eine große Rolle. So sind zum Beispiel Replikate von Hellenismus-Skulpturen für den Garten oder für Wohnräume sehr gefragt.